3 Nachteile von einem Zuviel an Veränderungsbereitschaft in der Paarkrise
von Petra Nordhaus
Hie und da kommt es in der Paarberatung vor, dass ich denke, „Das ist zu viel des Guten, was der eine da an Veränderungsbereitschaft mitbringt.“ „Komische Meinung“, finden Sie?
Klar, wer seine Partnerschaft retten will, muss dazu bereit sein Einsatz zu bringen, Dinge zu überdenken und etwas anders zu machen. Da sind wir uns sicher einig. Zuviel ist es für mich dann, wenn einer zu jeder Anforderung, Erwartung – ob ausgesprochen oder bloß vermutet - und zu allen Veränderungsideen des Partners wahllos „ja“ sagt.
Wahllos „ja“ sagen, ist erst einmal eine verständliche Reaktion in der Krise. Man will signalisieren: „Ich werfe Alles in die Waagschale, um unsere Partnerschaft zu retten. Du bist mir enorm wichtig.“ Ein solches Verhalten mag anfangs Sinn machen, bringt Sie am Ende des Tages aber nicht aus der Krise raus. Vielmehr kommen Sie damit höchstwahrscheinlich in Teufels Küche. Warum?
3 Nachteile
Es gibt 3 große Nachteile, die Sie in Kauf nehmen müssen:
Nachteil Nr. 1: Den Einsatz auf Dauer nicht halten können
Wer ständig „ja“ sagt, der muss total viel Einsatz bringen. Einsatz in der Art, als dass in solch einem Modus nur noch ein einziges Programm im Innern abläuft: Rette die Partnerschaft. Man ist in Alarmbereitschaft und scannt dadurch jede Situation danach ab, was richtig oder falsch ist – in den Augen des Partners. Fragen, die einen nahezu in jedem Moment umtreiben sind: Mache ich es richtig? Welche Fallstricke lauern hier gerade?
Der sich bemühende Partner ist zu Recht unsicher. Denn oft ist es in solch einer Krise der Andere, der die Trennungsgedanken ausgesprochen hat, während man selbst an der Beziehung festhalten will. Der zweifelnde Partner wirft dem Anderen womöglich vor, dass dieser ihm etwas schuldig geblieben ist. Er sieht einen jetzt in der Bringschuld. Dem will man gerecht werden und gibt Alles. Wirklich Alles. Schlicht und ergreifend deshalb, weil man die Beziehung retten und den Partner für sich zurückgewinnen will. Für Inhalte hat man da gar keinen Kopf. Fatal, denn gerade um Inhalte geht es in einer Krise.
Solch ein Notfallprogramm kann auf Dauer niemand von uns durchhalten. Schließlich absorbiert es einen total. Die Folge: Alles Andere wird vernachlässigt und kommt zu kurz. Es fehlt an Ressourceneinsatz für die Arbeit, den Haushalt, die Kinder, für Freunde, Bekannte & Hobbies. Eine Zeit lang mag es gehen, wenn man den Rest seines Lebens auf Eis legt, irgendwann dann aber fängt es an zu kippen und man hat die nächste Baustelle vor der Nase. Schließlich braucht nicht nur eine Beziehung Aufmerksamkeit und Pflege damit sie läuft, sondern jeder einzelne Lebensbereich.
Nachteil Nr. 2: Sich selbst aus dem Blick verlieren
Im Leben gibt´s nichts umsonst. Ist so. Wissen wir alle. Und ist auch leicht gesagt, wenn man selbst nicht betroffen ist. Wer das P in den Augen hat, weil die Beziehung am Abgrund steht, dem ist der Preis für eine Rettung manchmal schittegal. Der denkt vielmehr, „Hauptsache er/sie kriegt sich wieder ein und bleibt.“
Die Folge: Er kämpft um die Beziehung und ist vollauf damit beschäftigt für sich zu werben. Das Ziel ist, den Partner dazu zu bringen bei ihm zu bleiben. Alles in einem ringt deshalb darum zum Traumpartner zu mutieren. Man konzentriert sich auf die Erwartungen des Partners, seine Wünsche und Bedürfnisse und versucht diese zu erfüllen. Die Ausgesprochenen genauso wie die Unausgesprochenen. Dabei macht man einen riesigen Denkfehler.
Wer – komme was wolle - einzig mit dem Ergebnis „Rettung der Beziehung“ beschäftigt ist, der verliert sich selbst aus dem Blick. Das kostet. Sich zurücknehmen können, zu kooperieren, ja, auch mal dem Partner zuliebe etwas tun, sind echte Beziehungsstärken. Allerdings nur dann, wenn man selbst dabei nicht völlig untergeht. Auch wenn einer sich gerne öfter mal anpasst, weil er nicht an einer Idee davon klebt, wie Dinge laufen sollen: Jeder von uns hat eigene Bedürfnisse, Visionen und Werte. Wer diese pausenlos links liegen lässt, gibt sich in der Beziehung auf. Das geht auf Dauer nicht gut. Man wird unzufrieden und schwups, steht die nächste Beziehungskrise vor der Tür.
Nachteil Nr. 3: Wer sich nur anpasst, ist nicht greifbar
Wenn ein Partner zu Allem „Ja und Amen“ sagt, runzelt der Andere meist irgendwann die Stirn und stutzt. Warum? Oberflächlich gesehen erscheint es als Nonplusultra, dass einem alle Wünsche und Bedürfnisse erfüllt, ja womöglich sogar von den Lippen abgelesen werden. Geht es allerdings in einer Tour so, kann man als Partner Beklemmungen kriegen. Innendrin taucht dann die Frage auf „Ist das wirklich echt?“.
Mit wem man es zu tun hat, weiß man nur, wenn sich das Gegenüber zeigt. Sichtbar macht man sich mit einem Antworten-Mix aus Ja + Nein. Beides – Jas und Neins - sind nötig, damit ein Profil entsteht. Wer ständig und wahllos Ja sagt, zeichnet ein Phantombild von sich: Er gaukelt dem Partner - und oftmals auch sich selbst – etwas vor.
In einer Krise liegen die Antworten, die Jas und Neins, meist nicht auf der Hand. Schließlich ist Alles durcheinander. Man muss neu sortieren und gegebenenfalls auch ausmisten. Das ist echte Arbeit – innerlich mit sich selbst und im Außen mit dem Partner.
Helferlein sind dabei Einstellungen, wie
„Sach mal genauer, ich will das gerne verstehen.“,
„Laß mal drüber nachdenken.“ oder
„Laß mal ausprobieren. Ich weiß noch nicht, aber ich will mich auch nicht der Möglichkeit gegenüber direkt verschließen“.
Wer hier pfuscht, der hat am Ende vielleicht für den Moment seine Beziehung gerettet, aber es drängt sich die Frage auf: Trägt das überhaupt? Und wenn ja, wie lange? Ein echtes Fundament entsteht schließlich nur, wenn beide Partner bei Fragen der Beziehungsbasics die Hüllen fallen lassen.
Fazit
Mein Fazit: Veränderungsbereitschaft, ja bitte – ist nötig. Aber: erst prüfen, dann antworten. Also erst einmal den Preis einer Veränderung unter die Lupe nehmen und dann in puncto Veränderung entscheiden. Nur durch eine Auseinandersetzung mit sich selbst UND zu zweit können Sie Ihre Beziehung wieder auf feste Füße stellen.
___________________________________
Foto: Tony Hegewald / pixelio.de
Von Petra Nordhaus - Als Beziehungscoach & Paartherapeutin helfe ich Menschen, in Liebesdingen klarer zu sehen