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Wie Partner-Verhaltens-Vorhersagen ins Negative abrutschen

von Petra Nordhaus

Wer länger mit seinem Partner zusammen ist, der kann in vielen Situationen das Verhalten des Anderen vorhersagen und liegt damit meistens richtig. 

- Man „weiß“, dass er gerne vor der Zeit bei einer Veranstaltung eintrifft und frühzeitig los will.

- Man „weiß“, dass sie aufsteht und den Tisch abräumt, sobald der Teller leer ist.

- Man „weiß“, dass dieser ganz bestimmte Blick heißt „lass mich in Ruhe“ und eine Frage nur kurz angebunden beantwortet wird.

- Man weiß, dass diese kleine Berührung meint „ich sorge mich um dich“ und der Andere gleich fragen wird, ob es einem gut geht.

Zuverlässige Vorhersagen stabilisieren eine Partnerschaft

Dass man mit der Zeit den Partner kennt und deuten kann, ist wichtig und nötig. Durch diese Verlässlichkeit gewinnt man in der Partnerschaft Sicherheit. Das gilt für beide Partner.

Als Paar entwickelt man auf diese Weise – meist unbewusst - gemeinsame Verhaltensmuster. Die Paarmuster entlasten, weil so Manches automatisiert passiert und man nicht jedes Mal die Dinge neu deuten muss. Es ist, wie wenn zwei Zahnräder ineinander greifen: man stellt sich aufeinander ein. Das macht das Leben leichter.

Vorhersagen tragen positive oder negative Vorzeichen

Manchmal kippt solch ein Vorhersage-Verhalten aber ins Negative. Andauernde Vorhersagen, die ein Minus-Vorzeichen tragen, belasten eine Partnerschaft. Man beginnt sich mit der Zeit auf solche Dunkel-Vorhersagen genauso einzustellen, wie auf positive Vorhersagen.

Besonders zwei Umstände befeuern eine ungünstige Vorhersagerei:

  1. Stress

Ist die Partnerschaft in Schieflage oder man selbst arg gestresst, liegt man schnell mal mit seiner Vorhersage falsch. Das Fatale am Stress-Modus ist, dass er Vorhersagen mit einem negativen Vorzeichen geradezu magisch anzuziehen scheint.

Ist man selbst angeschlagen, „weiß“ man schon genau, dass der Partner einen Wunsch mit „nein“ beantwortet. Man legt die Dinge auf die Goldwaage. Aussagen allgemein werden dem Partner tendenziell nachteilig ausgelegt.

Innere Korrekturmöglichkeiten werden verschenkt, indem man nicht überprüft, ob das was im eigenen Kopf passiert tatsächlich auch so ist. So bekommt man gar nicht mit, wenn man dem Partner Unrecht tut.

  1. Manko

Tut man Dinge immer wieder auf die gleiche Weise, schließt man andere Möglichkeiten mehr und mehr aus. Man richtet sich in einer Gewohnheit ein und engt seinen Spielraum damit ein. Irgendwann denkt man nicht mehr darüber nach, dass etwas auch anders ginge.

Das ist ok, so lange sich beide Partner mit der gemeinsam entwickelten Gewohnheit wohl fühlen. Problematisch wird es aber, wenn einem der Partner mit der Zeit etwas fehlt. Etwa weil man sich verändert hat oder die Umstände andere geworden sind.

Wer sich dem nicht stellt, der drückt dem ehemals Gewollten irgendwann heimlich ein negatives Vorzeichen auf. Das Vorhersehbare wird dann als mechanisch oder gar als abstoßend erlebt. Innerlich schreit es „ich will das nicht!“. Man zieht sich vom Partner zurück oder fixiert sich auf seine Erwartung so sehr, dass man neuen Abläufen von vornherein keine Chance gibt. Dadurch kann man auch nichts Anderes erleben. Fachleute nennen das eine selbsterfüllende Prophezeiung.

Vertraute Verhaltensmuster haben Klettband-Charakter

Ist man erst einmal in einem Nervmuster oder einer Ungut-mechanischen-Gewohnheit gelandet, fällt es schwer sich da wieder heraus zu arbeiten.

Vertrautes hat einen Wiederkehr-Effekt – im Guten wie im Schlechten. Wer etwas wieder und wieder auf die gleiche Art und Weise tut, der entwickelt innere Schablonen für diese Situationen. Die Bestimmte-Situationen-Schablonen werden automatisch auf ein Stichwort oder einen Reiz hin aktiviert. Das kann ein bestimmter Satz oder ein Wort sein, eine Stirnfalte oder ein Wortlaut. Und es geht blitzschnell. Schneller als man „stopp“ denken kann.

Neues braucht Mut und Knochenarbeit

Für Neues hingegen gibt es erst einmal kein Stichwort und keinen Startreiz. Ja, es gibt sogar nicht einmal einen Fahrplan. Das Neue ist vielmehr wie eine Leerstelle oder ein unbeschriebenes, weißes Blatt Papier. Das an sich würde schon an Unattraktivität reichen, aber das Neue macht sich zusätzlich damit unattraktiv, dass man sein Ergebnis nicht kennt. Flop, „geht-so“ oder top ist die Ungewissheit auf die man sich einlässt, wenn man etwas Neues wagt.

Wer die eingeschliffene Bahn verlässt, der muss also bereit sein zweierlei auszuhalten:

- Sich unsicher zu fühlen und
- nicht zu wissen, ob ein anderes Verhalten die Dinge besser macht.

Und nicht nur das.

Wer seine Partnerschaft mit gutem Neuen anfüllen will, der muss dafür arbeiten:

- Sich anstrengen indem er sein Verhalten bewusster steuert,
- einen Plan dafür haben,
- probieren, probieren, probieren und
- 0815-Ergebnisse oder gar Nieten in Kauf nehmen,

um am Ende etwas Besseres zu bekommen.

 

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Foto: Claudia Hautumm / pixelio.de

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Von Petra Nordhaus - Als Beziehungscoach & Paartherapeutin helfe ich Menschen, in Liebesdingen klarer zu sehen