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Vorwürfe & Co - wie es nichts bringt oder die Dinge sogar schlimmer macht!

von Petra Nordhaus

„Nicht schon wieder!“, „Immer dieselbe Leier, ich kann es nicht mehr hören!“, „Das habe ich dir schon x-mal gesagt. Jetzt reicht es aber doch auch.“ Kennen Sie solche Aussprüche von sich oder Ihrem Partner?! Sätze dieser Art sind ein klares Zeichen dafür, dass hier jemand etwas wiederkäut.

Das Wiederkäuen an sich ist bei Tieren ein nützlicher Vorgang: schwer Verdauliches kann so verdaut werden. Nachdem die Nahrung gegärt hat, wird sie in anderer Form zurück ins Maul befördert und erneut durchgekaut. Bis sie schließlich eine Konsistenz hat, in der sie endgültig verdaut werden kann.

Auch bei emotionalen Vorgängen, wie inneren Konflikten oder Schwierigkeiten zwischen zwei Partnern, kann das Wiederkäuen dabei helfen etwas zu verdauen. Wiederkäuen verstanden als ein Durcharbeiten von Belastendem, Schmerzhaftem ist wichtig und sinnvoll.

Allerdings gibt es Arten von Wiederkäuen, die in der Regel nicht dazu führen, dass etwas verdaut wird. Vielmehr bleibt man dabei in einer Endlosschleife stecken, die auf Dauer die Paarbeziehung und jeden einzeln belastet.

Drei Arten von Wiederkäuen bei denen der Verdauungsvorgang stockt. Bleibt man in einem der Stadien hängen, kommt es nicht zur Verdauung.

1. Das dauernde Vorhalten

Den Meisten von uns rutscht mal ein Vorwurf heraus. Das wird in Paarbeziehungen generell nicht zum Problem. Anders ist es, wenn der Partner durch uns wieder und wieder in Vorhaltungstiraden baden muss.

Dabei geht es dann jedes Mal um die gleichen Dinge über die wir schimpfen und uns beschweren. Häufig sind es Dinge, die in der Vergangenheit liegen und nicht mehr zu ändern sind.

Immer wieder etwas um die Ohren gepfeffert zu bekommen, will niemand ertragen. Selbst wenn sie anfangs noch offen waren, werden die meisten Partner bei solchen Angriffen bald für ihren Schutz sorgen: indem sie sich rechtfertigen, entziehen und mauern.

Was steckt dahinter:

Wer dem Anderen unentwegt etwas vorhält, der leidet. Solche eine Art von Vorwurf ist wie der Schmerzlaut eines angefahrenen Rehs. Man verhält sich so, als passiere der Schmerz gerade jetzt und belebt jedes Mal auf´s Neue die Vergangenheit. Eine Vergangenheit, die schon passiert und unabänderlich ist. Es ist, als bäume man sich gegen das auf, was einem widerfahren ist.

Man ringt um Wiedergutmachung und fordert vom Partner ein, dass er den Schmerz, den sein Verhalten verursacht hat, anerkennt und bedauert: „Ja, ich sehe deinen Schmerz und du hast recht, ich habe mich falsch verhalten.“

Wer in solch einem Einfordern hängen bleibt, der schafft es nicht den Schmerz zu verwinden. Vielleicht gibt der Partner nicht den Trost, den man bräuchte oder er gesteht kein Fehlverhalten ein. Es kann aber auch sein, dass man selbst nicht dazu bereit ist, das Geschehene als Teil der gemeinsamen Realität zu akzeptieren. Weil es nicht in die eigenen Vorstellungen von Beziehung passt und zu tiefergehenden Fragen führen würde: über die Beziehungsqualität, eigene Vorstellungen, Werte und und und. Fragen, die verunsichern und herausfordern würden. Denen man sich aber stellen müsste, um weiterzukommen.

Manches Mal dient solch eine Vorhaltung auch als Waffe, die einem Macht gibt. Man holt sie heraus sobald der Partner einen kritisiert oder angreift. Man feuert Vorhaltungen ab und vermeidet damit sich dem Hier & Jetzt zu stellen. Der Partner kritisiert zum Beispiel, dass man ständig alleine auf Achse ist und sich zu wenig Zeit für Zweisamkeit nimmt. Man schmettert diese Kritik ab, indem man die Vorhalten-Waffe nutzt und seine Affaire von vor Jahren herausholt: „Wie kannst du es wagen, mir so etwas vorzuwerfen! Du warst es doch, der damals Alles aufs Spiel gesetzt hat!“

2. Das Ständig-Gleiche fragen

Hier sind Fragen gemeint, die man - einem immer gleichen Fragenkatalog folgend –dem Partner wieder und wieder stellt. Ihn geradezu mit diesen Fragen malträtiert. Es sind Fragen, bei denen es nicht wirklich auf die Antworten ankommt. Egal, was der Partner sagt, für den Frager hat dies keine entlastende oder klärende Wirkung. Sein Befinden und seine Sorgen bleiben von der Antwort unberührt.

So quält man sich, aber eben auch den Partner. Wenn sich der Andere ernsthaft bemüht auf die Fragen einzugehen, merkt er mit der Zeit, dass dies sinnlos ist. Sinnlos in dem Sinne, als dass es dem Partner nicht weiterhilft. Der Gefühlt-innere-Ausnahmezustand lässt sich für den, der leidet, nicht durch die gehörten Antworten sortieren oder gar beruhigen.

Was steckt dahinter:

Meistens taucht diese Art von Fragerei auf, wenn in der Beziehung die Basis ins Wanken gekommen ist.

Das kann der Fall sein, wenn ein Partner seine Meinung zu einem wichtigen Thema ändert. Beispielsweise hatte man sich darauf geeinigt, zusammen eine Familie zu gründen. Nun will der Partner doch keine Kinder mehr. Damit stürzt das geplante Lebensmodell in sich zusammen. Man fühlt sich möglicherweise getäuscht oder betrogen. „Wie kann das sein?! Das hatten wir doch anders besprochen!“ Man akzeptiert die neue Haltung des Partners nicht. Das Fragen zielt darauf ab, dass man eine bestimmte Antwort hören will. Man unterliegt dem Denkfehler, dass man nur oft genug Nachhaken muss, damit sich die Meinung des Partners ändert. Vielleicht ist das bohrende Fragen aber auch ein Versuch, die Dinge doch noch wieder gerade gerückt zu kriegen. Diese Art zu Fragen unterscheidet sich stark von Fragen, die dabei helfen eine neue Situation zu erfassen und zu verstehen.

Ein weiterer Aspekt ist der Umstand, wenn einer der Partner etwas getan hat, was dem gemeinsamen Verständnis von Paarbeziehung zuwider läuft. Zum Beispiel hat sich einer auf eine Affaire eingelassen und nun ist es rausgekommen. Fragen können in solch einer Situation dazu dienen Wissenslücken zu schließen und Ungereimtheiten zu klären. Solche Fragen bringen einen weiter. Ständig das Gleiche fragen ist stattdessen ein fehlgeleiteter Versuch dem Partner bestimmte Antworten abzuringen, um über die Antworten wieder etwas Sicherheit zu bekommen. Obwohl dies selten funktioniert, beißen sich betrogene Partner in solch einem Fragenkatalog oftmals fest. Es mag sein, dass diese Art zu Fragen auch schlichtweg ein Ausdruck von Verzweiflung und Fassungslosigkeit ist.

3. Das nörgelige Darauf-Pochen

Hier wird sich beim Partner immer wieder über die gleichen Dinge beklagt. Man will den Anderen zu einem ganz bestimmten Verhalten drängen: eine andere Art Ordnung zu halten, auf eine bestimmte Weise zu reden oder sich einzubringen und und und.

Die meisten von uns, die sich auf eine Paarbeziehung einlassen, sind dazu bereit gelegentlich dem Partner zuliebe etwas zu tun, Kompromisse zu schließen und zu kooperieren. Wer aber das Gefühlt kriegt, dass ständig an ihm herumgenörgelt wird, der verliert die Lust dazu. Solch eine Atmosphäre ist der Nährboden für gegenseitige Rechthaberei.

Was steckt dahinter:

Wer nörgelig darauf pocht, dass der Partner sein Verhalten ändert, der hat ein starkes Anliegen, ein wichtiges Bedürfnis. Hierfür setzt er sich hartnäckig ein. Meistens sieht er sich dabei sogar im Recht. Wahrscheinlich ist es diese Einstellung, die ihn die Nörgelig-Pochen-Strategie wählen lässt – eine denkbar ungünstige Strategie um für die eigenen Bedürfnisse einzustehen. Sie ist selten von Erfolg gekrönt.

Wer diese Strategie nutzt, der macht nämlich einen Denkfehler: Er berücksichtigt nur die eigene innere Welt. Er sieht die Lösung darin, dass der Partner seine Erwartungen erfüllt. Es gibt die Haltung „irgendwann muss er es doch verstehen und einsehen“. Die innere Welt des Partners wird so aber außer Acht gelassen. Nicht gesehen zu werden, damit fühlt sich niemand wohl. Beziehung ist schließlich keine Einbahnstraße. Klar, dass der Andere irgendwann damit beginnt dagegen zu halten.

Steckt man in einer dieser drei Verdauungs-Endlos-Schleifen fest, lohnt es sich das Ganze genauer zu untersuchen. Um eine Ausstiegsidee zu kriegen, hilft es zu verstehen, was das Verhalten antreibt. Allerdings wird ein Ausstieg trotzdem nicht immer funktionieren: Es kann sein, dass man zurzeit nicht bereit ist, aus der Schleife auszusteigen. Oder man findet die Kraft dazu nicht.

Mit Hilfe einer neutralen Person, also in einer Paarberatung oder auch in Einzelgesprächen ohne den Partner, kann man leichter herausfinden, was einen zu seinem Verhalten treibt und unter welchen Vorzeichen man zu einer Veränderung bereit wäre.

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Foto: Peter Böni/ pixelio.de

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Von Petra Nordhaus - Als Beziehungscoach & Paartherapeutin helfe ich Menschen, in Liebesdingen klarer zu sehen