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Wobei es beim Miteinander-Reden ankommt!

von Petra Nordhaus

Wobei es beim Miteinander-Reden ankommt!

Immer wieder hört man den Satz „Das Wichtigste in einer Beziehung ist es miteinander zu reden.“ Stimmt das aber tatsächlich?

Die Antwort lautet „jein“.

Mit diesem Ausspruch ist nämlich nicht Reden pauschal gemeint, sondern Reden auf eine ganz bestimmte Art und Weise. Reden an sich ist von Haus aus nichts ausgesprochen Positives. Im Gegenteil. Jeder weiß, dass außer Kontrolle geratene Wortgefechte einer Beziehung schaden.

Schädlich ist Reden, wenn man

- sich gegenseitig fies beschimpft oder hinterlistig belügt,

- aus der Du-hast-mir-angetan-ich-hab-doch-bloß-Schleife und der Nie-und-immer-machst-du-Schiene nicht rauskommt oder

- vergebens versucht mit seinem Innen-drin-Kram beim Anderen zu landen, aber wie an einer unsichtbaren Mauer abprallt.

Solch eine Art zu Reden treibt Partner auseinander und sollte tunlichst vermieden werden. Man kann sagen: Es ist gar kein Miteinander-Reden. Es sind gescheiterte RedeVERSUCHE.

Warum scheitern Bemühungen mit dem Partner zu reden?

Das Schwierige am Miteinander-Reden ist, dass Partner oft dann reden wollen, wenn sie innerlich sehr aufgewühlt sind. Der Andere, der solch eine emotionale Gesprächswelle auf sich zuschwappen sieht, bringt sich in der Regel dann schnell in Sicherheit. Es ist normal, wer sich bedroht sieht sorgt für seinen Schutz. Bei Redeangriffen schützt man sich indem man sich in sich selbst verkriecht, dem Gespräch ausweicht oder selbst ein Angriffsprogramm startet. Sich in diesen Momenten zu schützen ist nicht unberechtigt. Denn man hat es mit einem Partner zu tun, in dem die Gefühle innen drin toben. Wer in solch einem Zustand ist, bei dem sinkt die Aussprechen-Hemmschwelle. Es rutscht einem schneller mal etwas heraus, was im nachhinein lieber ungesagt geblieben wäre.

Zu Zeiten, in denen die Gefühle weniger heftig sind, sprechen Partner Dinge hingegen eher blumig oder schwammig an. Dadurch kann der Partner aber Gesprächsinhalte in ihrer Bedeutung nicht richtig erfassen. Ein häufiges Problem dabei: Derjenige der etwas anspricht, erlebt sich selbst hingegen als klar und unmissverständlich. Hier schlägt das eigene Gefühl einem ein Schnippchen. Man selbst weiß ja, wie man sich fühlt. Schließlich trägt man das Gefühl schon eine Weile mit sich herum. Man hat sich damit beschäftigt, indem man sich geärgert hat oder traurig war, über die Situation gegrübelt oder auf sie einzuwirken versucht hat. Weil für einen selbst die Dinge so offensichtlich sind, geht die objektive Einschätzung der eigenen Äußerungen dann eher mal hops.

Was macht das Scheitern dieser beiden Arten miteinander zu sprechen aus?

Es stellt sich kein Gefühl von Vorankommen ein. Im besten Fall kriegt man den Eindruck mal etwas losgeworden zu sein.

Ein Gespräch, das Paare weiterbringt, zeichnet aber etwas ganz Anderes aus. Es ist ein Gespräch, in dem sich die Partner innerlich voneinander berühren und bewegen lassen.

Wirklich hilfreich ist ein Gespräch nur dann, wenn es ein Kontaktgespräch ist.

Solch eine Art von Gespräch fällt allerdings kaum einem einfach so in den Schoß. Vielmehr muss es regelrecht eingeübt und trainiert werden getreu dem Motto „Ohne Schweiß kein Preis“.


Vier Stützpfeiler bringen Sie mit Ihrem Partner in ein Kontaktgespräch:

das WAS, WIE, WANN und WIE OFT.

Schauen wir uns diese vier Stützpfeiler genauer an.

1. Was - Der Inhalt

Bei unschönen Streitereien geht es zu einem Großteil nicht mehr um den eigentlichen, wichtigen Inhalt. Oftmals werden Dinge gesagt, die einem schon wenige Stunden später nichts mehr bedeuten. Blöd nur, wenn der Partner aber noch kräftig daran zu knabbern hat. Wer mit dem Partner ergiebig streiten will, der sollte sich deshalb darüber klar sein, worum es ihm inhaltlich geht.

Fragen Sie sich: Was treibt mich zu diesem Gespräch? Was soll mein Partner über mich wissen? Was will ich von meinem Partner erfahren? Gibt es etwas über das ich verhandeln will?

Wer sich mit diesen Fragen beschäftigt, der hat einen roten Faden für das Gespräch. Und den braucht man, wenn es einen selbst oder den Partner emotional heftiger erwischt. Sonst kommt man schnell von Höcksken auf Stöcksken, holt alte Kamellen hervor und verheddert sich in Nebenthemen oder fängt an abzublocken. Die Wahrscheinlichkeit steigt damit, dass das worum es einem wirklich geht auf der Strecke bleibt.

2. Wie - Die Haltung

Wie heißt es so schön, „der Ton macht die Musik“. Jeder von uns kann schwierige Inhalte besser aufnehmen, wenn im Ton Wertschätzung oder Respekt mitschwingen. Grund genug sich darüber im Klaren zu sein, wie unser Ton eigentlich zustande kommt.

Zwei Parameter werkeln ganz besonders daran mit, wie das was wir sagen klingt:

unsere Stimmung und die innere Haltung.

Die Stimmung ist das Wie-wir-drauf-sind, wie wir uns fühlen, wie es uns geht. Stimmungen können schwanken und sogar blitzschnell wechseln, wenn im Außen etwas passiert das uns emotional tiefer trifft. Partner lösen beieinander unangenehme Gefühle aus einfach nur deshalb, weil sie verschieden sind: unterschiedlich fühlen, denken und handeln. Wessen Erwartung vom Partner nicht erfüllt wird, der ist gekränkt. Wer auf einem Bedürfnis sitzen bleibt, spürt Frust.

Hier lauert für Paare eine Gefahr. Man kann leicht in die Wer-ist-schuld-Falle tappen und dem Partner vorhalten, dass er ein schmerzhaftes, unangenehmes Gefühl in einem ausgelöst hat. Tatsache ist aber, dass „die Schuld“ in der Natur der Sache liegt. Die Wünsche und Bedürfnisse von zwei Menschen matchen nicht immer miteinander. Das tut mitunter weh.

Und da kommt die innere Haltung mit ins Spiel:

Die Haltung entscheidet darüber, wie wir dem Partner unsere Stimmung rüberbringen.

Welche Grundhaltung hat man zu einem Menschen mit dem man zusammen sein will?
Im besten Fall liebt, schätzt und respektiert man ihn.

Laufen die Dinge gut, können die meisten von uns diese Grundhaltung innendrin spüren.

Anders sieht das bei vielen aber in Schmerzmomenten aus. Da lassen sich gekränkte, enttäuschte Partner leider viel zu oft von ihrer Stimmung mitreißen. Es ist, als ob es in solchen Momenten zu einem Blackout kommt. Die eigentliche Haltung dem Anderen gegenüber scheint wie weggeblasen.

Der Schmerz überspült das Innendrin-Gefühl der Grundhaltung von Liebe, Wertschätzung und Respekt. Schade ist das besonders deshalb, weil ein tobender Schmerz viel leichter auszuhalten und zu händeln ist, wenn man gleichzeitig innendrin spürt, dass daneben Liebe, Wertschätzung und Respekt für den Partner da sind. Auch der Partner wird Sie in Ihrem Schmerz anders erleben und anders auf Sie reagieren, wenn Ihr Ton von einer Mischung aus schmerzlicher Enttäuschung plus Liebe oder schmerzendem Ärger plus Respekt durchdrungen ist.

Rufen Sie sich deshalb beim nächsten schmerzhaften Gefühl ganz gezielt in Erinnerung, dass Sie Ihren Partner vom Grunde her lieben, schätzen und respektieren.

3. Wann - Der Zeitpunkt

Einfach herausplatzen oder gute Gesprächsbedingungen schaffen – das sind zwei komplett verschiedene Startpositionen für ein Gespräch.

Auch wenn wir manches immer aus dem Moment heraus ansprechen werden, ist die Startposition „gute Gesprächsbedingungen schaffen“ die Polepostion für die sogenannt wichtigen Gespräche.

Wie Sie es auf die Poleposition schaffen?

Diese zwei Grundlagen helfen Ihnen dabei:

a) Der Gesprächsrahmen

Jedes Paar hat einen Best-of-Gesprächsort. Welches ist Ihrer?

Für manche Paare sind die eigenen vier Wände ideal. Hier kann man reden ohne dass fremde Ohren mithören. Andere kommen besser auf neutralem Boden miteinander ins Gespräch. Das kann ein Lokal sein oder auch ein Spaziergang bei dem man in Bewegung ist. Entscheidend für den Gesprächsort ist, dass beide Partner sich mit dem Ort wohl fühlen und dass niemand Drittes einfach so ins Gespräch platzen kann.

Überlegen Sie doch einmal: Wo haben bislang Ihre konstruktivsten Streitgespräche stattgefunden?

b) Die Gesprächsatmosphäre

Heftige Themen miteinander zu besprechen ist aufregend. Deshalb sind die Partner meistens schon vor dem Gespräch etwas angespannt.

Umso wichtiger, sich selbst vor dem Start daran zu erinnern „wozu das Alles“ (siehe auch die Haltung): der andere ist mir wichtig. Wenn man dann noch als Paar den zweiten Schritt tut und sich dies gegenseitig bekundet, starten beide zuversichtlicher und wohlwollender in ein Streitthema. Man hat eine Allianz-Atmosphäre geschaffen.

4. Wie oft - Die Frequenz

Wer immer nur seinen Mund aufmacht um Mist loszuwerden, der darf sich nicht wundern, wenn der Partner sofort allergisch oder abwehrend reagiert.

Erinnern wir uns daran:

Stabilisierende Beziehungsgespräche sind Kontaktgespräche. Man bekommt vom Innendrin des Partners etwas mit.

Logisch, dass sich da nicht nur Ungutes, Frustiges tummelt sondern auch Schönes, Fröhliches, Inspirierendes. Und das ist nicht nur gut so, sondern geradezu wichtig.

Der amerikanische Paartherapeut John Gottman empfiehlt Paaren ein 5:1-Verhältnis zu beachten, damit die Beziehung stabil und zufrieden bleibt:

Sich fünf Mal mehr positiv aufeinander zu beziehen. Das kann Handeln oder Reden sein.

 

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Foto: Albrecht E. Arnold / pixelio.de

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Von Petra Nordhaus - Als Beziehungscoach & Paartherapeutin helfe ich Menschen, in Liebesdingen klarer zu sehen