In-sich-rein-gucken – was ist das eigentlich und wozu ist es gut?
In-sich-rein-gucken ist DAS Beziehungsbasic schlechthin über das jeder Bescheid wissen sollte. Ohne das lässt sich keine nahe, befriedigende Beziehung gestalten.
Wer aber glaubt das sei Allgemeinwissen, der irrt. Ich erlebe immer wieder, dass viele Menschen nicht wissen, was ein In-sich-rein-gucken ist, wie es geht und wozu es nützlich ist. Wenn Sie also zu den Menschen zählen auf die das zutrifft, kann ich Sie trösten: Sie stehen damit nicht alleine da. Lassen Sie uns also übers In-sich-rein-gucken sprechen!
In-sich-rein-gucken meint, die Aufmerksamkeit nach innen zu richten
Die Fähigkeit zum In-sich-rein-gucken hat jeder von uns. Vermutlich tun Sie es sogar bereits ab und an. Viele Menschen kommen aber nicht auf den Gedanken, dass es sich bei dem was sie tun, um ein In-sich-rein-gucken handelt. Denn es passiert ihnen unbeabsichtigt, wie von selbst und ist ziellos. Z.B. als Tagträumen, wenn die Gedanken abschweifen oder vorm Einschlafen, wenn einem Situationen vom Tag durch den Kopf gehen.
Oft ist dieses von selbst kommende In-sich-rein-gucken für einen mit Nachteilen verbunden: im Moment des Tagträumens verpasst man wichtige Informationen die einem die Außenwelt schickt und verliert den Gesprächsanschluss. Beim Einschlafen den Tag innerlich vorüberziehen zu lassen, ist von Grübelei begleitet und hält einen vom Schlaf ab. Dennoch, in solchen Momenten schalten wir die Welt draußen ab, richten den Blick nach innen und sind in unserm Innern unterwegs.
Diese Fähigkeit können Sie auch ganz bewusst und gezielt zu Ihrem Vorteil nutzen. Und zwar indem Sie durch ein In-sich-rein-gucken wichtige Informationen über sich selbst bekommen, die ansonsten an Ihnen vorbei rauschen würden und Sie dieses Wissen als Ausgangspunkt für weitere Handlungsüberlegungen nutzen.
Was man von sich selbst mitkriegen kann
Informationen über sich selbst kriegen, was heißt das? Ganz einfach, unser Körper spricht mit uns durch unsere Gedanken, Gefühle und körperlichen Empfindungen. Sie informieren uns darüber, wie es uns geht und wie wir zu Situationen stehen. Diese Infos kriegen wir aber oft nur mit, wenn wir extra auf sie achten.
Klar, manche Gedanken, Gefühle und körperlichen Empfindungen sind sehr stark und drängen sich so in den Vordergrund, dass wir sie nicht übersehen können. Wie zum Beispiel auf ein Verhalten des Partners sauer sein oder bitter enttäuscht, weil eine Erwartung nicht erfüllt wurde. Es gibt aber auch die verhaltenen und diffusen Gedanken, Gefühle und körperlichen Empfindungen. Sie werden leicht mal übersehen. Man bekommt sie nur mit, indem man sich Zeit zum Nachdenken und -spüren nimmt.
Manch ein Gefühlszustand hat außerdem Ähnlichkeit mit einer Gemüsesuppe, die zu lange auf dem Herd vor sich hin geköchelt hat. Woraus er sich zusammensetzt kann man auf Anhieb nicht erkennen. Als Befindlichkeitszustand zeigt sich solch eine Pampe oft indem wir verwirrt, durcheinander oder scheinbar gefühllos sind. Um herauszufinden was drinsteckt, hilft es die beteiligten Gefühle, Gedanken und Körperempfindungen auseinander zu klamüsern.
Solche und weitere Leitfragen können dabei helfen:
- Was für Gefühle/ Gedanken/ körperliche Empfindungen habe ich?
- Wie bedeutend ist das, was sich in meinem Hirn, Herz und Körper gerade herumtreibt?
- In welchem Moment ist der Gedanke/das Gefühl/ die körperliche Empfindung aufgetaucht?
- Was will mir dieses Körpersignal sagen?
Mit dem was Innen ist, passiert immer was
Wer sein Inneres sortiert, der erfasst und dechiffriert die Signale, die sein Körper sendet. Das ist gut! Denn einerlei, ob wir unser Innenleben beachten oder nicht, es ist da. Und was da ist, hat immer auch einen Einfluss auf uns und unser Handeln. Dinge, die uns nicht bewusst sind, führen aber ein Eigenleben und entziehen sich damit unserer Kontrolle. Das zeigt sich z.B., wenn wir uns wundern, wie heftig wir auf eine Äußerung des Partners reagieren oder dass wir ihm gegenüber spitze Bemerkungen fallen lassen.
Das Innendrin für sich nutzen
Wenn man mitkriegt was innendrin in einem los ist, hat das also einen riesigen Vorteil: man hat es mehr in der Hand, was damit passiert. Wer sein Beziehungsglück nicht dem Zufall überlassen will, braucht deshalb die Fähigkeit des In-sich-rein-guckens.
Dröseln wir einmal auf, was genau Sie steuern können, wenn Sie mehr von sich selbst mitkriegen. Natürlich immer vorausgesetzt, dass Sie diese Ausgangslage bei Ihrem Handeln dann auch berücksichtigen.
Besonnen Handeln:
Quälende Gefühle und Gedanken haben eine extreme Eigenschaft: sie drängen nach draußen oder neigen dazu sich zu verkapseln. Allerdings sagt solch ein Impuls nichts darüber aus, was in der jeweiligen Situation angemessen und sinnvoll ist. Wer es also in emotionalen Anspannungsmomenten schafft, erst zu denken und dann zu handeln, ist eindeutig im Vorteil. Indem man die Motive hinter seinen Handlungsimpulsen überlegt und mögliche Folgen eines unbedachten Verhaltens berücksichtigt, wägt man sein Handeln nach dem mittel- und langfristigen Nutzen für sich und die Beziehung ab. Entsprechend weniger schädlich handelt man. Dann verkneift man sich zum Beispiel einen Vorwurf oder eine Beleidigung, weil man weiß, dass derartige Äußerungen einem später leid tun würden.
Sich selbst vertreten können:
Bei sogenannten Alltagsproblemen geben viele Menschen etwas auf den Rat oder die Unterstützung des Experten: der Fachmann für Medien berät beim TV-Kauf, der Rechtsanwalt vertritt einen vor Gericht, der Elektriker löst das Problem mit dem ständig auftretenden Kurzschluss. Wenn es darum geht mit dem Partner Themen zu diskutieren (Bedürfnisse, Meinungen, Wünsche), sind wir selbst die Experten. Unter einer Bedingung: Sie kriegen mit, was in Ihnen drin los ist. Denn nur wer seinen Standpunkt kennt, kann ihn auch vertreten. Wer nicht mitkriegt wo er steht, nickt eher mal Dinge ab mit denen er im Grunde nicht einverstanden ist und fühlt sich im Nachgang vom Partner womöglich über den Tisch gezogen. Oder er setzt alles daran Recht zu bekommen und merkt anschließend, dass es den Streit nicht wert war.
Vernünftiger Umgang mit schlechten Gefühlen:
Wer gestresst ist verfällt oft in ein Verhalten, das nicht gut tut, wie zum Beispiel übermäßigen Schokoladenkonsum, vor der Glotze abhängen oder Rumgiften. Das zieht einen meistens noch weiter runter. Plus, kein Partner ist gerne der Frust-Prellbock oder will ständig zurückgewiesen werden, weil der Andere sich einigelt.
Bewältigungsstrategien rausfinden mit deren Hilfe es einem nicht zusätzlich schlechter geht, braucht den Blick nach innen. Und zwar ganz allgemein Überlegungen, wie: Welche nützliche Strategie hilft mir durch solche Situationen hindurch? Plus die Wachsamkeit sich im Moment des Stresses mitzukriegen und die Überwindung dann eine kraftspendende Strategie zu nutzen.
Positive Gefühle als Ratgeber verwenden:
Wir alle wollen uns gut fühlen. Wie oft nimmt man es aber für selbstverständlich, wenn etwas Schönes passiert und wir eine nette Zweisamkeit haben! Achtsam positive Gefühle zu registrieren, ermöglicht
- Dankbarkeit zu bemerken und sie auch mal dem Partner gegenüber zu äußern oder zu zeigen.
- diesen kraftvollen Gefühlen gebührend Bedeutung beizumessen und sich innerlich zu verpflichten im Alltagstrubel Raum frei zu schaufeln für regelmäßige Zweisamkeit.
- ein entschiedenes Ja zum Aufraffen: etwas für den Partner zu tun auch wenn einem gerade nicht unbedingt der Sinn danach steht.
Kategorien: Beziehungsdünger Stimmig lieben
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Von Petra Nordhaus - Als Beziehungscoach & Paartherapeutin helfe ich Menschen, in Liebesdingen klarer zu sehen