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Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe!

Eine Sache über die sich Klienten in Beratungen immer wieder beschweren, ist, dass ihr Partner mit zweierlei Maß misst und sie bei Dingen maßregelt, die er sich selbst zugesteht. 

Oft hauen die Betroffenen dann in die gleiche Kerbe …

 

Fast automatisch: Das Aufrechnen 


Wer sich vom Partner zu Unrecht gemaßregelt fühlt, ärgert sich in erster Linie mal darüber, dass der Partner einem etwas unter die Nase reibt, was er sich selbst durchgehen lässt. In solch einer Stimmung gerät meistens völlig in den Hintergrund, worum es überhaupt geht, sondern es läuft bei vielen eine der zwei Klassiker-Reaktionen ab:

„Du machst aber auch!“

= Man lässt sich die Zurechtweisung des Partners nicht gefallen und setzt sich umgehend zur Wehr, indem man mit den gleichen Waffen zurückschlägt: Dem Du-machst-aber-auch. Der Vorwurf wird nicht gelten gelassen und der Partner kriegt zu hören, dass er kein besseres Verhalten hat. Beispielsweise, „Du wirst den Kindern gegenüber selbst auch mal laut.“. 

Weil sich der andere aber an der inhaltlichen Sache stört, während Sie auf den Aspekt „Gleiches Recht für alle“ pochen, diskutieren Sie aneinander vorbei. Wahrscheinlich ist sogar, dass Sie sich emotional hochschaukeln, ohne dass es Sie weiterbringt.

Schlucken mit zeitlich verzögertem Gegenangriff

= In dem Moment, in dem man vom Partner zurechtgewiesen wird, beißt man die Zähne zusammen, auch wenn es gewaltig in einem grummelt. Bei vielen führt das zu einem Verstummen, um die Sache nicht eskalieren zu lassen. Gleichzeitig laufen Gedanken ab, wie „Wenn er/sie es das nächste Mal selbst tut, dann kriegt er/sie aber was zu hören!“.

Häufig überschätzt man sich selbst mit diesem Verhalten. Es nagt eben doch an einem, so behandelt zu werden. Die Wahrscheinlichkeit ist deshalb hoch, dass Sie dem Partner bei nächster Gelegenheit unter die Nase reiben, dass er auch nicht besser ist als Sie. Logisch, dass dabei nichts Gutes rauskommt. 

So verständlich es ist, dem anderen den Spiegel vorhalten zu wollen, so produziert es doch nur den nächsten Streit. Denn es hat etwas von der Mentalität „wie du mir, so ich dir“ und ähnelt dem Konfliktverhalten von Kleinkindern. Solch eine Einstellung schädigt eine Beziehung auf Dauer. Schließlich sind wir Erwachsene und sollten Konflikte sinnvoller anpacken können – oder es zumindest lernen.

Wenn Ihr Partner Ihnen das nächste Mal etwas vorhält, was er selbst ganz genauso macht, dann stürzen Sie sich nicht gleich auf die Ungerechtigkeit, sondern nehmen Sie stattdessen den Inhalt des Vorwurfs ins Visier und positionieren Sie sich dazu!

 

Blickwechsel: Worum geht’s hier überhaupt?


Das A und O ist zunächst:

  • Ist der Partner einfach nur gestresst und reagiert deshalb gerade über?
  • Oder geht es hier um etwas, das wirklich Gewicht hat? Und zwar für Ihren Partner, aber vielleicht sogar auch für Sie.


Es macht einen großen Unterschied, ob Sie für Ihren Partner gerade als Stressventil herhalten und die Sache an sich im Grunde unbedeutend ist. Oder ob sich Ihr Partner ein ums andere Mal an einem bestimmten Verhalten von Ihnen abarbeitet. Etwas, das ihn kränkt, enttäuscht oder ärgert. Dann hängt höchstwahrscheinlich etwas Größeres dran, wie ein grundlegendes Bedürfnis oder ein für Ihren Partner wesentlicher Wert.

Solch eine Einschätzung verändert nämlich die Situation für einen gewaltig: Die meisten Partner sind meiner Erfahrung nach dazu bereit mit dem anderen zu kooperieren, wenn sie merken, dass ihm etwas wirklich wichtig ist. Wenn Sie sich öfter in solchen Du-machst-Aber-auch-Situationen verstricken und dazu beitragen wollen, diese wiederkehrenden, nervtötenden Meckermomente zum Schrumpfen zu bringen, sollten Sie sich mit der Sache an sich auseinandersetzen.

(Wie Sie damit umgehen können, wenn Ihr Partner bloß Dampf an Ihnen ablässt, darüber schreibe ich in einem späteren Blogartikel.)

 

Was ist mein Standpunkt dazu?


Bevor Sie das Gespräch mit Ihrem Partner suchen, ist es wichtig, sich selbst zu sortieren. Was genau wirft Ihnen Ihr Partner vor? - z. B. das Lautwerden vor den Kindern.

Wie stehen Sie dazu? Welche Meinung haben Sie zu dem Verhalten, das Ihr Partner Ihnen vorwirft und das er selbst auch von Zeit zu Zeit zeigt?

  • Vielleicht finden Sie es nicht schlimm, weil es selten vorkommt und die Kinder das deswegen schon richtig einordnen können.
  • Vielleicht sind Sie insgeheim der gleichen Meinung wie Ihr Partner und wollen das gar nicht, haben sogar ein schlechtes Gewissen, wenn Ihr Geduldsfaden manches Mal schnell reißt.
  • Vielleicht ist es Ihnen auch nicht angenehm, aber in bestimmten Situationen wissen Sie sich nicht anders zu helfen, weil die Kinder nur dann zu hören scheinen, wenn sie schreien.

Was auch immer es ist: Loten Sie genau aus, wie Sie selbst dazu stehen. Nur für sich selbst – und ganz ehrlich. 

Wer weiß wo er steht, der hat einen festen Stand.

 

Die Lösungsidee: ein Themengespräch


So Zweierlei-Maß-Gespräche bergen natürlich dennoch ein wenig Sprengstoff, denn das Ungerechtigkeitsgefühl ist ja nicht weg, nur weil wir es schaffen, uns den Inhalt näher anzusehen. Darum schlage ich grundsätzlich vor, eine entspannte Gesprächssituation mit Ihrem Partner zu finden. Also nicht zwischen Tür und Angel loslegen, vor allen Dingen bloß nicht, wenn gerade mal wieder ein Vorwurf kommt.

Eine gute Idee ist es, dem anderen einen „Themenabend“ vorzuschlagen.

Sagen Sie Ihrem Partner, dass Sie gerne einmal in Ruhe über das Thema-XY sprechen möchten. Ganz wichtig dabei: Überlegen Sie vorher, worum es Ihnen dabei im Gespräch geht:

  • Wollen Sie sich den Standpunkt des Partners anhören, weil Sie nicht recht verstehen, worum es ihm genau geht? In einer Beziehung sind zwei Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Ansichten, Erfahrungen, Werten und Befürchtungen. Da kommt es durchaus vor, dass man eine Situation so verschieden empfindet, dass man schlichtweg nicht versteht, was des Pudels Kern für den anderen ist. Beim Lautwerden vor den Kindern mag es für einen vielleicht noch offensichtlich sein. Aber man fragt sich beispielsweise, was daran so wichtig sein soll, seine Termine im Familienkalender einzutragen, wenn man seine Aufgaben doch zuverlässig erledigt.
  • Haben Sie bereits Ihre Meinung und wollen Sie sich mit dem Partner über Ihre jeweiligen Standpunkte austauschen? In einem Konflikt steht viel zu oft das Rechthaben im Vordergrund. Miteinander zu reden, hat aber in einer Beziehung mehr Wert, wenn wir uns dem Partner verständlich zu machen versuchen und auch begreifen wollen, was im anderen vor sich geht. Dabei geht es nicht darum, wer die besseren Argumente hat. Sondern darum, dass wir erfassen, verstehen und ernst nehmen, wie es uns und dem Partner mit einer Situation geht. Dieses Positionieren, die eigene Meinung haben (dürfen), ist ein Weg, wie wir uns sichtbar machen, aber eben auch „die andere Seite“ und womöglich neue Aspekte von etwas sehen, das wir bislang nicht wahrgenommen haben oder für unwichtig hielten. 
  • Ist es Ihr Ziel, verschiedene Optionen für einen Umgang mit dem Thema zusammenzutragen und dann erst einmal darüber für sich nachzudenken? Sie kennen Ihre beiden Standpunkte und tauschen Ihre Vorstellungen darüber aus, wie Sie das Thema händeln könnten. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn Ihre Standpunkte und Erwartungen sehr weit voneinander abweichen. Es ist viel wert, einfach mal bloß gemeinsam zu sammeln, was man tun könnte und wie es sein sollte – anstatt gleich wieder loszulegen mit einer Aber-Haltung und einem Durchsetzen-wollen.

  • Oder trauen Sie sich und Ihrem Partner zu, dass Sie Alles in einem Aufwasch klären: zwei Standpunkte austauschen, Lösungsideen zusammentragen, sich für eine Variante entscheiden und eine Absprache treffen?

Die eigene Gesprächsabsicht im Vorfeld klar zu haben und dem Partner gegenüber auszusprechen, ist wichtig. Es beugt überzogenen Erwartungen an das Gespräch vor und hilft dabei im Gespräch den Fokus zu halten.

Sie lassen sich aufeinander ein und haben ein realistisches Gesprächsziel.

Übrigens: Viele Themen sind überhaupt nicht in einem einzigen Gespräch zu klären. Dann ist ein erstes Gespräch der Start für einen Klärungsprozess, der mehrere Gespräche braucht - und die persönliche, innere Beschäftigung dazwischen.

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Von Petra Nordhaus - Als Beziehungscoach & Paartherapeutin helfe ich Menschen, in Liebesdingen klarer zu sehen