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"Du denkst immer nur an dich!" - Was steckt hinter diesem Vorwurf?

Sie fühlen sich von Ihrem Partner ungerecht behandelt, weil er Ihnen ständig vorhält, Sie seien egoistisch? Dabei tun Sie ungemein viel für ihn und die Familie. Sie sind ratlos und werden den Eindruck nicht los, dass es eine Glückssache ist, dem Anderen etwas recht zu machen? Manchmal nervt es Sie auch, dass der Partner so empfindlich auf kleine Sachen reagiert. Sie denken dann insgeheim, dass er hysterisch ist.

Gottseidank, Sie wissen ja, das Gewitter geht immer wieder vorüber. Sie haben deshalb so Ihre Strategien entwickelt, wie Sie damit klar kommen. Für voll nehmen Sie die Reaktion des Partners jedenfalls nicht. Leider muss ich Ihnen sagen, dass höchstwahrscheinlich genau da das Problem liegt.

 

Kleine Alltagssituationen sind große Aufreger, weil Ihr Partner sich übersehen fühlt

 

Kein Mensch kämpft um Nichtigkeiten. Haben Sie darüber schon mal nachgedacht? Und wieso sollte der Mensch, der Sie liebt, Ihnen ständig einen überbraten wollen? Wenn der Partner einen wiederkehrend in Alltagssituationen angeht und Vorwürfe macht, dann sollte man das ernst nehmen! Falls er nicht gerade eine schwierige Persönlichkeit hat, müssen Sie davon ausgehen, dass etwas Anderes, Größeres dahinter steckt.

In meinen Beratungen zeigt sich immer wieder: Partner wünschen sich mit ihren Belangen und Bedürfnissen gesehen zu werden. Sie wollen als Liebste/r behandelt und dementsprechend wertgeschätzt werden. Sie hängen sich an alltäglichen Kleinigkeiten auf, wenn ihnen die Aufmerksamkeit des Anderen fehlt. Wenn sie ein Miteinander vermissen.

Genauer gesagt sehnen sich Partner nach zwei Sorten von Signalen:

Das Signal „Du bist mir wichtig“: In einer Partnerschaft möchte man das Gefühl haben, für den Anderen wichtig zu sein. Man will die Nummer Eins des Partners sein. Jemand Besonderes. 

Das Signal „Wir beide“: Wer als Paar lebt, möchte sich zumindest hin und wieder auch als Paar, als Einheit mit dem Anderen erleben. 

Bleiben solche Liebes-Signale aus, zieht der Andere seine Schlüsse: Und zwar, dass man nur mit sich selbst beschäftigt ist. Er schlussfolgert, man sei nur darauf aus, dass die Dinge für einen selbst funktionieren und Sinn machen. Kurz gesagt, er findet einen egoistisch.

 

Wenn Sie sich einen Kopf über den Partner machen ohne dass er es merkt, ist es so als täten Sie es gar nicht

 

Wenn Sie bis gerade eben geglaubt haben, dass es ausreicht den Partner in Ihren Gedanken zu berücksichtigen, dämmert Ihnen vielleicht jetzt, dass Sie damit falsch liegen könnten. Es mag in Ihren Ohren krass klingen, aber tatsächlich ist es kaum etwas wert den Partner gedanklich einzubeziehen, wenn der Andere davon nichts mitkriegt. Und genau da liegt höchstwahrscheinlich Ihr Problem, wenn Sie die Dinge überwiegend mit sich alleine abmachen. Denn Liebes-Signale zeigen sich zwar in Worten, Gesten und Taten. Was der einzelne jedoch als Liebes-Signal deutet, das kann von Mensch zu Mensch ganz verschieden sein.

Schauen Sie sich mal eine der brenzligen Situationen aus der letzten Zeit mit den Augen des Partners an. Merken Sie, dass Ihr Verhalten mehrere Deutungen zulässt? Es liegt immer im Auge des Betrachters, wie interpretiert wird. Haben Sie noch nie darüber nachgedacht, dass Ihr Verhalten signalisieren könnte: „Du bist nicht so wichtig.“?

Auch, wenn es sich „nur“ um alltägliche Kleinigkeiten handelt, sind solche Deutungen wie Nadelstiche und hinterlassen Spuren. Und zwar umso mehr, als dass der Andere Ihnen wahrscheinlich ein ums andere Mal klar zu machen versucht, was Sie ihm da gerade antun: sein Nörgeln über die sogenannten Kleinigkeiten bringt den Schmerz zum Ausdruck. Wiederholen sich Momente, in denen man sich vom Partner übergangen oder übersehen fühlt, brennt sich das innerlich ein. Situationen, in denen die eigenen Bedürfnisse Berücksichtigung finden, werden ab diesem Zeitpunkt nur noch als purer Zufall gewertet. 

Wenn Sie jetzt noch an dem Punkt sind, dass Sie denken „Hey, ich kriege umgekehrt aber doch auch mit, dass ich dem Partner wichtig bin. Ist doch selbstverständlich!“, dann rate ich Ihnen: Beobachten Sie in den nächsten Wochen einmal ganz gezielt, inwiefern der Partner Ihnen aber auch eindeutige Signale dafür sendet, dass Sie ihm wichtig sind. Ich vermute sehr stark, dass Ihr Partner da eine deutlichere Sprache spricht als Sie.

 

Gut gemeint reicht nicht

 

Vielleicht machen Sie aber auch einen zweiten Denkfehler. Nämlich den, dass Sie sich innerlich über den Vorwurf des Partners empören: „Was stellt er/sie sich so an. Ich habe es doch nur gut gemeint! “. 

An dieser Stelle muss ich Ihnen leider ganz deutlich sagen:


Wer immer wieder vom Partner gezeigt bekommt „hier stimmt etwas nicht“ und trotzdem auf seiner guten Absicht beharrt, der stellt auf Durchzug.

So weigert man sich,

1. sich damit auseinanderzusetzen, dass der Partner anders tickt als man selbst und

2. rauszufinden, wie genau der Andere tickt.


Die Quittung dafür ist ein ständiges Meckern und Nörgeln Ihres Partners. Und ehrlich gesagt, damit haben Sie noch Glück. Kein Witz! Anstatt sich zu sagen „Dann rutsch mir doch den Buckel runter!“, kämpft der Andere trotz Ihrer Ignoranz weiter um Ihre Aufmerksamkeit. Wenn das nicht ein echter Liebesbeweis ist!

 

Ohne Abstimmung kommt es öfter zu Unzufriedenheit

 

Was Sie ignorieren, ist eine ganz einfache Tatsache: Niemand von uns kann hellsehen. Wer bloß im eigenen Kopf unterwegs ist und handelt ohne seine Einschätzungen zu überprüfen und sich mit dem Partner abzustimmen, der verdrängt, dass das eine große Fehlerquelle beinhaltet.

Partner, die sich gut kennen, können an vielen Stellen sicherlich die Vorlieben und Wünsche des Anderen vorhersagen. Ja. Man hat sich eben im Laufe der Zeit aufeinander eingetunt. Ob man über den Partner auf dem aktuellen Stand ist und mit seiner Einschätzung richtig liegt, zeigt sich aber erst an dessen Reaktion. Und an der sollte man deshalb immer interessiert sein. Schließlich verändern wir uns alle im Laufe der Zeit.

Aber Hand auf´s Herz: Wissen Sie überhaupt, welche Worte, Gesten und Taten Ihrem Partner das Gefühl geben, für Sie wichtig zu sein? Und wissen Sie, wann bzw. wodurch Ihr Partner ein Wir-beide-Gefühl bekommt? Wenn Sie diese Fragen mit einem Ja beantworten und Ihr Partner trotzdem viel meckert, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Sie eine ziemlich hohe Fehlerquote in Ihren Vorannahmen haben.

Was passiert, wenn einer mit seinen Annahmen ständig falsch liegt und trotzdem seinen Stiefel weiterhin durchzieht?! Er verliert den Partner aus dem Blick und bezieht sich bloß noch auf ein Phantom. Was, glauben Sie, löst das wohl beim Anderen aus? Richtig, er gewinnt den Eindruck, dass er mit seinen Belangen und Vorstellungen nicht wichtig ist. So etwas macht traurig und manchmal auch wütend. Wenn Sie Ihre Situation in den bisherigen Zeilen wiedergefunden haben, kriegen Sie diese Stimmung von Ihrem Partner wahrscheinlich durch Vorwürfe rübergeschoben. 

Aber mal ganz davon ab, Stimmungen, To-Dos und Pläne sind auch tagesabhängig. Man kann sich noch so gut kennen, es braucht deshalb immer wieder Abstimmungen. Damit beide Partner die Chance haben Einfluss zu nehmen und mitzubestimmen. Das trägt am Ende wesentlich zum Gefühl bei „Ich bin dem Anderen wichtig“.

Kategorien: 5 vor 12 Klischees

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Von Petra Nordhaus - Als Beziehungscoach & Paartherapeutin helfe ich Menschen, in Liebesdingen klarer zu sehen