Patchwork-Beziehung: seinem Kind steht die Türe immer offen. Wieso nimmt er keine Rücksicht auf mich?
von Petra Nordhaus
„Ganz klar, mein Kind kann immer zu mir kommen.“ Wenn Partnerinnen diesen Satz vom Anderen hören, müssen sie oft schlucken. Komisch, oder?! Eigentlich ist es doch das, was man sich fürs eigene Kind wünscht! Was aber, wenn es eben nicht das eigene Kind ist. Sondern eins aus einer vorhergegangenen Beziehung des Partners. Dann regt sich bei solch einem Statement im Innern womöglich doch bei manch einer ein zarter Widerstand. Vielleicht schreit es innerlich sogar „Nein“.
Gute Väter heißen ihr Kind immer willkommen
Wenn Sie mit einem Partner zusammen sind, der aus seinem Vorleben ein minderjähriges Kind mitbringt, dann kommen Sie nicht daran vorbei die Kröte der Immer-offenen-Tür zu schlucken. Denn: Es ist gut und richtig, wenn Ihrem Partner sein Kind immer willkommen ist. Zum einen trägt er bei seinem minderjährigen Kind - in den meisten Fällen - stumpfweg juristisch Verantwortung im Sinne des Sorgerechts. Zum anderen ist er aber - unabhängig von der Rechtslage - als Vater im moralischen Sinne dafür verantwortlich, sein minderjähriges Kind bis zum Erwachsensein zu begleiten und zu unterstützen. Unabhängig davon, ob er mit der Mutter des Kindes zusammen ist oder nicht.
Paartrennung beendet das bisherige Familienleben
Machen Sie sich deshalb bitte die besondere Situation klar, in der Ihr Partner steckt. Er ist deutlich belastet! Denn gehen Partnerschaften in die Brüche, bedeutet es ja zeitgleich auch das Aus für das bisherige, gemeinsame Familienleben. Ob man es will oder nicht. Einerlei wie gut das getrennte Paar als Eltern noch an einem Strang zieht, ihr Kind pendelt von nun an zwischen zwei Haushalten hin und her. Egal, ob man sich für die Trennung entschieden hat und sie richtig findet oder ob man gegen seinen Willen verlassen wurde, jeder weiß, dass man seinem Kind nun etwas zumutet, was so nicht vorgesehen war. Die Folge: Es kann einen das schlechte Gewissen zwicken bis hin zu zermartern. Vielleicht ist man außerdem ständig in Alarmbereitschaft und auf Stand bye. Immer ist da die Sorge, wie es dem Kind geht.
Trennung bedeutet immer auch Verlust
Doch das ist noch nicht Alles, was Ihren Partner als Vater quält. Denn nicht nur Kinder leiden unter der Trennung von einem Elternteil. Den meisten Vätern geht es ganz genauso wie ihrem Kind. Der gemeinsame Alltag ist zu einem großen Teil futsch. Fast immer tut es den Vätern weh, ihr Kind nur noch in kleinen Ausschnitten mitzubekommen. Besonders heftig ist, dass sie für ihr Kind nicht so da sein können, wie sie gerne würden. Häufig bekommen sie es ja nicht mal mit, wenn ihr Kind gefrustet aus der Schule, vom Sportverein oder einer Verabredung mit einem Freund nach Hause kommt. Und selbst wenn eine WhatsApp-Nachricht getextet oder durchgerufen wird, darauf aus der Ferne zu reagieren ist nicht das gleiche, wie ein tröstendes In-den-Arm-nehmen. Außerdem ist es schwer auszuhalten, dass viele kleine Alltagsmomente zwischen Vater und Kind wegfallen, die bis zur Trennung so selbstverständlich waren. Man kann sein Kind nicht mal eben die Vokabeln abfragen oder beim Abendbrot das Neueste vom Tag erfahren. Und selbst diejenigen Väter, die das sogenannte Wechselmodell wählen und mehr Zeit als die Besuchsväter mit ihrem Kind zusammen haben, erleben dennoch viel weniger gemeinsamen Alltag.
Was nach der Trennung machbar bleibt
Als Vater ist es einem da wichtig, zumindest all das was trotz der Trennung noch in der eigenen Macht liegt, für sein Kind zu tun. Neben einer ständigen Erreichbarkeit per Handy, offenbart sich diese Haltung oftmals in der Aussage „Meine Tür ist für mein Kind immer offen.“ Und klar, am liebsten würde man sein Kind so oft es geht um sich haben.
Die Herausforderung, die sich für Ihren Partner im Leben mit Ihnen auftut ist dabei, dass er mit diesen Gefühlen ziemlich alleine da steht. Sie, als Partnerin und Nicht-Mutter seines Kindes, haben logischerweise andere Bedürfnisse, als er oder sein Kind. Ausnahmen bestätigen die Regel. Weil es nicht Ihr Kind ist, haben sie auch nicht DIE Nähe zum Kind wie er als Vater. Selbst wenn sie sein Kind mögen. Vielmehr bedeutet sein Kind für Sie als Partnerin, häufig auch Verzicht und sich zurückzunehmen. In dem Moment, in dem das Kind da ist, müssen Sie Ihren Partner teilen: erst einmal ganz praktisch gesehen seine Zeit. Aber natürlich auch seine Aufmerksamkeit und Zuwendung. Und wenn Sie zusammen wohnen, dann müssen Sie zeitweise sogar Ihren eigenen Wohnraum und damit verbunden einen Teil an Intimität teilen.
Außen vor sein gehört dazu
Dabei werden Sie sich manchmal ganz sicher außen vor erleben. Es gibt eine Eltern-Kind-Liebe, die sie als Nicht-Mutter ausschließt. Das liegt in der Sache der Natur. Manchmal nehmen Partnerinnen das persönlich und werden wütend. Sie erleben sein Kind dann als Konkurrenz. Verständlich, wenn Sie in Situationen, die Sie sich anders wünschen, emotional aufgewühlt sind. Schließlich haben sie sich diese Situationen nicht wirklich ausgesucht, sondern nehmen Sie in Kauf, weil Sie mit Ihrem Partner zusammen sein wollen. Sollten Sie sich also ab und an ausgeschlossen fühlen, machen Sie sich bitte Folgendes bewusst: Partner und Kinder können nicht miteinander konkurrieren. Es sind ganz unterschiedliche Beziehungsarten. Das wäre in etwas so, als ob im Sport auf einmal zwei unterschiedliche Disziplinen, wie Volleyball und Basketball, gegeneinander antreten würden.
Für Sie als Partnerin an der Seite eines Mannes mit Kind, ist es wichtig sich vor Augen zu führen: Ihr Partner und Sie stehen unterschiedlich zu seinem Kind und haben deshalb auch unterschiedliche Bedürfnisse, was den gemeinsamen Kontakt angeht. Das hat nichts mit richtig oder falsch fühlen zu tun oder gar mit eigenem Unvermögen, sondern liegt in der Natur der Sache. Wenn Sie diesen mitunter schwierigen Umstand erkennen, lässt es sich leichter mit den Unterschieden leben. Mit solch einem Bewusstsein können Sie beide viel fruchtbarer über ihr Patchworkleben verhandeln. Immer mit dem Wissen, dass Manches mit Ihrem Partner aber auch nicht verhandelbar ist. Nicht weil sie ihm nicht wichtig genug wären, sondern weil er ein guter Vater ist!
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Von Petra Nordhaus - Als Beziehungscoach & Paartherapeutin helfe ich Menschen, in Liebesdingen klarer zu sehen